Felix Grüneisen: Das Deutsche Rote Kreuz in Vergangenheit und Gegenwart – Vorwort

Nachschlagewerk über das Deutsche Rote Kreuz und die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung

Vorwort1

Im Jahre 1939 blickt das Deutsche Rote Kreuz2 auf eine nunmehr fünfundsiebenzigjährige3 Geschichte zurück. Mit der Errichtung der DRK.-Landesstellen XVII und XVIIl in Wien und Salzburg4, der DRK.-Kreisstellen in Sudetendeutschland5 und Memel6, ist ein Schlusstein zum Neubau des Deutschen Roten Kreuzes im Großdeutschen Reich gesetzt.

Die vorliegende historische Darstellung soll den Dienststellen der Partei7, des Staates und der Wehrmacht8 sowie allen weiteren tatkräftigen und verständnisvollen Förderern der Rot-Kreuz-Arbeit Rechenschaft legen: Sie soll zeigen, daß auf Grund jahrzehntelanger reicher Erfahrungen heute ein neues, schlagkräftiges Deutsches Rotes Kreuz, in soldatisch-straffer Form organisiert und nationalsozialistisch geführt, zu jedem Einsatz bereitsteht.

Das vorliegende Buch soll aber besonders allen den deutschen Männern und Frauen, die in der praktischen DRK.-Arbeit stehen, die stolze und verpflichtende Tradition ihrer Organisation vor Augen führen und damit ein Ansporn zu rastloser Weiterarbeit und zu jederzeitigem selbstlosem Einsatz sein.

Die Geschichte unseres im Großdeutschen Reich geeinten Volkes9, insbesondere seiner NSDAP.7 und seiner Wehrmacht, ist eine der tiefen Kraftquellen für die durch den Willen des Führers in den letzten Jahren aufs höchste gesteigerten Leistungen der Nation; mit freudigem Stolz sollen die Männer und Frauen des DRK. aus diesem Buch ersehen, daß auch sie in einer traditionsreichen Organisation unseres nationalsozialistischen Reiches ihren Dienst leisten. Im lebenswichtigen Dienst an der Nation hat das Deutsche Rote Kreuz, wie seine Geschichte zeigt, bei keiner Aufgabe und Anforderung je versagt. Dabei wurden in der Vergangenheit an das Deutsche Rote Kreuz die schwersten Aufgaben immer in den ernsten, oft in den schwärzesten Stunden des Lebens unseres Volkes gestellt.

Die vorliegende Darstellung zeigt, was ich besonders begrüße, in offener und klarer Form auch die in der Vergangenheit zutage getretenen Schwierigkeiten, die überwunden werden mußten. Es sei betont, daß diese Schwierigkeiten in jüngster Zeit wesentlich durch allzulanges fortbestehen traditionsgebundener Organisations- und Führungsformen entstanden sind, die heute überlebt und deshalb nicht mehr tragfähig sind.10 Der soldatisch-ritterliche Rot-Kreuz-Gedanke jedoch und die deutschen Männer und Frauen, die diesem Gedanken lebten und die Rot-Kreuz-Arbeit leisteten, blieben unberührt von solchen vorübergehenden Hemmungen.

So ist es verständlich, daß gleichzeitig mit der Schaffung einer neuen Organisationsform auf Grund des Reichsgesetzes vom 9. 12. 193711 das Deutsche Rote Kreuz im ganzen Großdeutschen Vaterlande in jedem einzelnen seiner Dienstzweige ein kraftvolles Aufblühen erlebt.

SS-Brigadeführer Dr. Grawitz1
Geschäftsführender Präsident
des Deutschen Roten Kreuzes

Erläuterungen

  1. 1,0 1,1 Das Vorwort stammte von Ernst Robert Grawitz (1899–1945), der von 1937 (Ernennung in 1936) bis zu seinem Selbstmord in 1945 der neben Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (1884–1954) zunächst der stellvertretende und dann der Geschäftsführende Präsident des Deut­schen Roten Kreu­zes war.
  2. Im Artikel Deutsches Rotes Kreuz sind die verschiedenen Organisationen dieses Namens, die es im Laufe der Geschichte gab, dargestellt.
  3. Die erste Organisation namens Deutsches Rotes Kreuz wurde tatsächlich erst am 1921 gegründet. 75 Jahre vor 1939, also in 1864, gab es noch keinen deutschen Gesamtstaat, der erst 1871, nach dem Deutsch-Französischer Krieg (1870–1871), mit der Deutschen Reichsgründung entstanden ist. Der erste Landesverein vom Roten Kreuz in einem der deutschen Staaten war der Württembergische Sanitätsverein, der 1863, also 76 Jahre vor 1939, gegründet worden war. Es kann sein, dass Grawitz das Vorwort bereits in 1938 verfasst hatte und die Zahl später nicht korrigierte. Denkbar ist auch, dass er irrtümlich das in 1864 beschlossene erste Genfer Abkommen als Beginn der deutschen Rotkreuzgeschichte sieht, oder er das ebenfalls in 1864 gegründete Centralkomitee des Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger durch die dominierende Stellung Preußens als erste deutsche Rotkreuzorganisation sieht. Der erste Dachverband der Landesvereine war das 1869 gegründete Centralkomitee der Deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger.
  4. Am 23. Mai 1938 wurde die bis dahin eigenständige Nationale Gesellschaft vom Roten Kreuz in Österreich dem damaligen Deut­schen Roten Kreuz (1937–1945) als zunächst Landesstellen XVII (Wien) und später zusätzlich XVIII (Salzburg) angegliedert. Das geschah in Folge des sogenannten Anschlusses von Österreich an das Deutsche Reich und wurde formal durch die Verordnung über das Deutsche Rote Kreuz im Lande Österreich umgesetzt.
  5. Der Großteil der mehrheitlich deutschsprachigen Gebiete in Böhmen, Mähren und Schlesien, die ab 1. Oktober 1938 infolge des Münchner Abkommens von der Tschechoslowakei abgetrennt worden waren, wurden am 21. November 1938 wurde als Sudetenland in das Deutsche Reich eingegliedert. Grüneisen nennt es Sudentendeutschland, um die Zugehörigkeit zu Deutschland zu betonen. Das Reichsgau Sudetenland (kurz Sudetengau) wurde zum 1. Mai 1939 gebildet, so dass diese Bezeichnung bei der Veröffentlichung des vorliegenden Werks vermutlich nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Ein kleiner Teil des Sudetenlands wurde Bayern zugeschlagen und fiel 1945 zurück an die wiederhergestellte Tschechoslowakei (1918–1992). Für das heutige Baye­ri­sche Rote Kreuz ist diese Veränderung bedeutungslos, weil es in dieser Zeit nicht existierte.
  6. Das Memelland gehörte bis 1920 zur preußischen Provinz Ostpreußen, musste vom Deutschen Reich nach dem verlorenen Ersten Welt­krieg (1914–1918) abgetreten werden und wurde 1923 von von Litauen annektiert. Im März 1939 wurde Litauen vom NS-Staat unter Kriegsdrohung genötigt, das Memelland an ihn abzutreten.
  7. 7,0 7,1 Gemeint ist die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP).
  8. Die Wehrmacht bezeichnete in der Zeit des National­sozia­lis­mus (1933–1945) ab März 1935 die Gesamtheit der deutschen Streitkräfte.
  9. Die amtliche Bezeichnung des deutschen Nationalstaats war von 1871 bis 1945 Deutsches Reich. Nach den sogenannten Anschluss Österreichs in 1938 war zeitweilig die Bezeichnung Großdeutsches Reich offiziell in Gebrauch, die 1943 verbindlich wurde.
  10. Das Deut­sche Rote Kreuz bis 1937 und seine Vorgängerorganisation war, so wie das heutige DRK, ein Dachverband der weitgehend selbstständigen Landesvereine. Der NS-Staat (1933–1945) hingegen war, so wie die Struktur der NSDAP, zentralistisch und straff hierarchisch. Eine föderale Struktur war in den Augen der Nationalsozialisten eine Schwierigkeit, die es zu überwinden galt, weil sie naturgemäß mit einer diktatorischen Führung schwer vereinbar war.
  11. Gemeint ist das Gesetz über das Deutsche Rote Kreuz (1937) vom 9. Dezember 1937.