Mitteilungen für die Angehörigen deutscher Kriegsgefangener
Allgemeines
Die Mitteilungen für die Angehörigen deutscher Kriegsgefangener waren eine Zeitschrift, die am Ende des Zweiten Weltkriegs (1939–1945) erschien und vom damaligen Deutschen Roten Kreuz (1937–1945/46) im Einvernehmen mit dem Oberkommando der Wehrmacht herausgegeben wurde. Sie erschien erstmals im März 1944 und wurde über die Kreisstellen kostenlos an die Angehörigen deutscher, kriegsgefangener Soldaten abgegeben. Ein anderer Bezugsweg war nicht vorgesehen.1
Die Mitteilungen erschienen nur drei Mal im Jahr 1944, zuletzt im November. Die ersten beiden Ausgaben hatten noch 16 Seiten, die letzte Ausgabe nur noch 8 Seiten. Sie wurden, vermutlich aufgrund des kriegsbedingten Mangels an Rohstoffen, von der Druckerei Dietrich & Herrmann in Weimar ohne Farbdruck auf schlechtem Papier gedruckt. Die Seiten waren nicht gebunden, sondern die gefalzten vier und zuletzt noch zwei Druckbögen wurden einfach zusammengelegt.
Vorwort von Grawitz
Im Namen des geschäftsführenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, Ernst Robert Grawitz (1899–1945), erschien eine Art Vorwort auf der ersten Seite der ersten Ausgabe. Es wird hier vollständig wiedergegeben und absatzweise kommentiert.
Die Betreuung unserer kriegsgefangenen Kameraden ist eine der vornehmsten Pflichten des Deutschen Roten Kreuzes; es ist stolz darauf, im Namen der Heimat ihnen mit seiner Hilfe den Dank der deutschen Volksgemeinschaft bringen dürfen.
Mit dem Begriff Volksgemeinschaft greift Grawitz ein zentrales Konzept des nationalsozialistischen Denkens auf. Es unterstellt, dass es ein homogenes Volk gibt, das sich von anderen Völkern ethnisch-biologisch, kulturell, sprachlich und historisch abgrenzen lässt.2 Damals wie heute ist das grob falsch, denn Deutschland war immer multiethnisch, durch die Vielfalt seiner Regionen und durch Bevölkerungsbewegungen geprägt. Grawitz ordnet die Hilfe für die Kriegsgefangenen in die nationalsozialistische Idee ein, statt den humanitären Auftrag der Organisation in den Vordergrund zu stellen. Das ist typisch für eine in den NS-Staat (1933–1945) integrierte Hilfsorganisation.
Das Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27. Juli 1929 regelt die Rechte des Kriegsgefangenen in Feindesland. Das Deutsche Reich nimmt diese Rechte mittels der Schutzmacht wahr. Dem Deutschen Roten Krenz obliegt, nach dem Willen des Führers die praktische Betreuung de Kriegsgefangenen, wie das seiner Sonderstellang entspricht. Im besonderen Auftrag der Regierung und der Wehrmacht führte es diese als Ehrenpflicht geleistete ergänzende Aufgabe durch. Dabei bedient sie sich der Wege, die ihm durch Vermittlung des Internationalen Komitees vom Roten Krenz in Genf zur Verfügung stehen.
Deutschland war und ist ein Vertragsstaat des 1929 abgeschlossenen Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen, dem III. Genfer Abkommen. Als Schutzmacht im Sinne dieses Abkommens war zum Beispiel die Schweiz tätig, siehe → Schutzmachttätigkeit der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz kümmerte sich ganz erheblich um Kriegsgefangene, soweit es Zugang bekam.
Leider endet diese Wirksamkeit des Roten Kreuzes an den Grenzen der Sowjetunion, die sich als einzige kriegführende Macht ausschließt von der Gesetzen soldatisch-ritterlichen Handelns, wie sie im Kriegsgefangenenabkommen völkerrechtlich niedergelegt sind und im Zeichen des Roten Kreuzes Gestalt gewonnen haben.
Die Sowjetunion (1922–1991), die Deutschland 1941 im Rahmen des Unternehmens Barbarossa militärisch überfallen hatte, war durch diesen Angriffskrieg einer der Gegner Deutschlands im Zweiten Weltkrieg (1939–1945). Es hatte das Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen von 1929 zwar nicht unterzeichnet und war ihm auch nicht beigetreten, orientierte sich aber mit seinen Beschluss zur Bestätigung des Erlasses über die Kriegsgefangenen von 1941 an dessen Regelungen. Grawitz Aussage ist noch in einer weiteren Hinsicht falsch, weil sie unterstellt, die deutsche Wehrmacht im Gegensatz zur Sowjetunion soldatisch-ritterlich handeln würde, während es tatsächlich vielfältige Verbrechen der Wehrmacht gab.
Diese Mitteilungen sollen den Familien-Angehörigen unserer kriegsgefangenen Kameraden in Abständen von einigen Monaten zugehen. Sie werden regelmäßig darüber berichten, was über die Lage unserer Kriegsgefangenen in den Feindländern mit Ausnahme der Sowjetunion bekannt ist. Sie werden darüber Rechenschaft legen, was im Dienst unserer kriegsgefangenen Kameraden geleistet wird als Dank für die harten Opfer, die in der jahrelangen Trennung von der Heimat in ihrem großen Schicksalskampf beschlossen liegen.
Eine direkte Übersendung an die Angehörigen der Kriegsgefangenen war nicht möglich, weil 1944 bereits mehrere Millionen deutscher Soldaten in Kriegsgefangenschaft waren, so dass entsprechend viele Familien hätten erfasst und angeschrieben werden müssen. Das war logistisch nicht möglich, zumal unter den Bedingungen des Krieges und der intensiven Bombardierung. Die Mitteilungen wurden daher in vermutlich großer Auflage gedruckt und von den Kreisstellen des Deutschen Roten Kreuzes abgegeben.
Unsere kriegsgefangenen Kameraden werden nach dem Sieg, der diesen Kampf unter der Führung Adolf Hitlers krönen wird, vom Dank des Deutschen Volkes empfangen, freudigen Herzens heimkehren und ihren Platz in unserer Mitte wieder ausfüllen. Diesem Tag gilt unser Denken, unser Glaube und unser täglicher Einsatz.
Mit der Verbreitung des Glaubens an einen vermeintlichen Endsieg reiht sich Grawitz in die zeitgenössische nationalsozialistische Propaganda ein. Tatsächlich hatte Deutschland in 1944 den Zweiten Weltkrieg (1939–1945) bereits verloren, und Adolf Hitler (1889–1945) suizidierte sich ein Jahr später. In diesem Kontext spielt es keine Rolle, dass Hitler der Schirmherr des damaligen Deutschen Roten Kreuzes war.
Weitere Informationen
- Artikel Kriegsgefangener
- Artikel Landesstelle und Kreisstelle
Einzelnachweise
- ↑ Die vom Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes herausgegeben „Mitteilungen“ werden ausschließlich durch die DRK-Kreisstellen unentgeltlich abgegeben. Sie sind nur bestimmt für die nächsten Angehörigen von Kriegsgefangenen, mit Ausnahme derer, die auf dem Ostkriegsschauplatz vermißt werden. Bestellungen der einzelnen Ausgaben an die Druckerei sind zwecklos. — Mitteilungen für die Angehörigen deutscher Kriegsgefangener, Nr. 3, November 1944, Seite 8.
- ↑ BpB.de, Volksgemeinschaft.