14. Oktober

Nachschlagewerk über das Deutsche Rote Kreuz und die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung

Ereignis

Am 14. Oktober 1942 fand eine Vollversammlung des Inter­natio­nalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf statt. Im Kern ist das IKRK ein Verein, der aus bis zu 25 Schweizer Bürgern besteht. Bei diesem Treffen diskutierten die 23 anwesenden Mitglieder, ob das Komitee seine Erkenntnisse über den Holocaust des NS-Staats (1933–1945) öffentlich machen und einen Appell des Protests an Deutschland richten sollte. Obwohl es eine Mehrheit für eine Veröffentlichung gab, entschied sich das Komitee auf Druck seiner Führung dagegen. Man fürchtete, Deutschland könne seine Anerkennung der Genfer Abkommen, die es ohnehin nur eingeschränkt beachtete, ganz kündigen, so dass die Arbeit des IKRK in den von Deutschland besetzten Gebieten — vor allem zugunsten Kriegsgefangener — erschwert würde. Außerdem war das IKRK eng mit dem Schweizer Staat verbunden, der, vom unbedeutenden Liechtenstein abgesehen, vollständig von Deutschland, seinem verbündeten Staat Italien und deutsch besetzten Ländern (Österreich, Frankreich) umschlossen war und eine Besetzung fürchtete. Darüber hinaus waren Zivilpersonen zu diesem Zeitpunkt nicht durch die Genfer Abkommen so geschützt, wie es 1949 mit dem IV. Genfer Abkommen eingeführt wurde. Schließlich herrschte im Komitee eine Hilfslosigkeit angesichts des damals schon erkennbaren Ausmaßes des Grauens.

Die Entscheidung wurde nachträglich als ein moralisches Versagen des Komitees bewertet, auch von ihm selbst. Es nahm, François Bugnion (*1945) zufolge, sein Versagen zum Anlass, auf die Erweiterung der Genfer Abkommen hinzuwirken, die Grundsätze der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung zu beschließen, seine Unabhängigkeit von der Schweiz zu stärken, die Leitung des International Tracing Service (1948–2019) zu übernehmen und seine Archive für eine Aufarbeitung durch externe Historiker zu öffnen.

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