Bayerisches Oberstes Landesgericht – 2 Z 96/68 – 25. März 1969
Das Bayerische Rote Kreuz ist keine Behörde, obwohl es die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat und Aufgaben wahrnimmt, die im öffentlichen Interesse liegen.
Grundstückstausch mit Hindernis
In 1954 vereinbarten der Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) und eine Privatperson einen Grundstückstausch. Der Landesverband genehmigte später das Geschäft. Im Anschluss an eine zwischenzeitlich vorgenommene Vermessung beantragte die Privatperson im selben Jahr mit Einverständnis des BRK die Eintragung der von ihr an das BRK abzugebende Tauschfläche in das Grundbuch. Danach verstarb sie. In 1962 wollte das BRK das andere Grundstück an die Alleinerbin der Privatperson übertragen, um den Tausch abzuschließen. Dazu beschloss und beantragte es die Umschreibung im Grundbuch. Der Beschluss war vom Landesschatzmeister und Syndikus des Landesverbands unterzeichnet worden, und ihm beigefügt war ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern aus 1961, das die Vertretungsregelung des BRK beschrieb und die gewählten bzw. bestellten Vertreter benannte. Der Syndikus wurde in dem Schreiben erwähnt, nicht jedoch als rechtlicher Vertreter, weil er kein Vorstandsmitglied war.
Es dauerte bis 1968, die Urkunden dem zuständigen Grundbuchamt vorzulegen. Der bearbeitende Rechtspfleger beanstandete die Unterlagen, weil sich aus der Bescheinigung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern aus 1961 nicht ergebe, dass der Syndikus vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied des Bayerischen Roten Kreuzes sei, und dass diese Bescheinigung den Grundbucherfordernissen nicht entspreche, weil sie wegen Fehlens des Dienstsiegels keine öffentliche Urkunde sei. Er verlangte die notarielle Beglaubigung der Unterschriften auf allen Genehmigungsschreiben des BRK seit 1954, weil das Bayerische Rote Kreuz keine öffentliche Behörde im Sinne des § 29 GBO (Grundbuchordnung) sei.1
Der vom BRK beauftragte Notar beschwerte sich 1968 über die Zwischenverfügung des Rechtspflegers, und das BRK nahm auf dieselbe Weise Stellung. Der Syndikus sei ständiger Stellvertreter des Landesgeschäftsführers und damit zur Mitvertretung des Bayerischen Roten Kreuzes befugt, ohne dass er dafür Vorstandsmitglied sein müsse. Das Verlangen nach Beglaubigung der Unterschriften auf den Genehmigungsschreiben sei nicht gerechtfertigt, denn das Bayerische Rote Kreuz sei eine Behörde im Sinne des § 29 Abs. 1 und 3 GBO. Aufgrund der Zuerkennung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts habe das Bayerische Rote Kreuz Tätigkeiten und Ziele übernommen, die der Erreichung der Zwecke des Staates und der von ihm geförderten Zwecke dienten. Der Staat bediene sich zur Erfüllung dieser ursprünglich ihm zur Last fallenden Aufgaben nach dem Prinzip der Selbstverwaltung selbständiger Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Tätigkeit des BRK müsser daher als mittelbare Staatsverwaltung und damit als Tätigkeit einer „Behörde” im Sinne des § 29 GBO anerkannt werden.
Das Landgericht Regensburg lehnte die Beschwerde ab. Weder könne der Syndikus das BRK bei Rechtsgeschäften vertreten, noch sei das BRK eine Behörde im Sinne des § 29 Abs. 3 GBO, denn es sei nicht in das staatliche Behördengefüge eingegliedert. Gegen den Beschluss des Landgerichts beschwerte sich das BRK beim Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG). Es bestätigte die Aufffassung des Landgerichts, dass das Bayerische Rote Kreuz keine Behörde sei. Es habe eine vom Behördenaufbau losgelöste Selbstverwaltung, und die Wahrnehmung von Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen, mache es nicht zu einer Behörde. In der uneingeschränkten Bestellung des Syndikus als Stellvertreter des Landesgeschäftsführers käme hingegen die Erteilung einer Vollmacht an den Syndikus gleich, so dass er tatsächlich an der Entscheidung mitwirken durfte.
Weitere Informationen
- Artikel Bayerisches Rotes Kreuz
- Artikel Körperschaft des öffentlichen Rechts
- Artikel Rechtsform
- Artikel Irrtümer
Erläuterungen
- ↑ Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. […] Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden. — § 29 Abs. 1, 3 GBO.