Kulturgut

Nachschlagewerk über das Deutsche Rote Kreuz und die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung

Allgemeines

Die vier Genfer Abkommen von zuletzt 1949 und ihre drei Zusatzprotokolle von 1977 und 2005 schützen vor allem die verwundeten, erkrankten und gefangen genommenen Soldaten, die Zivilbevölkerung und das sanitätsdienstliche sowie das seelsorgerische Personal zu ihrer Unterstützung. Kulturgut als Schutzgut und damit der Kulturgutschutz als Aufgabe sind erst später hinzugekommen, inzwischen gut geregelt und fortgeschritten etabliert. Unter Kulturgütern werden dabei geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten […], die zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören1, verstanden.

Völkerrechtliche Regelungen

Haager Konvention

Den umfangreichsten Schutz gewährt die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954, die durch zwei Zusatzprotokolle von 1954 und 1999 ausgelegt und ergänzt wird. Sie enthält auch eine genauere Bestimmung des Begriffs Kulturgut, damit der Begriff nicht verwässert und der Schutz damit praktisch unwirksam wird. Es handelt sich demzufolge um bewegliches oder unbewegliches Gut, das für das kulturelle Erbe der Völker von grosser Bedeutung ist, um Gebäude, die in der Hauptsache und tatsächlich der Erhaltung oder Ausstellung […] beweglichen Guts dienen und Denkmalzentren, das heißt Orte, die im beträchtlichen Umfange Kulturgut […] aufweisen.2 Zu den Maßnahmen, die auch Sanktionen von Verletzungen des Schutzes einschließen, gehört ein spezielles Schutzzeichen zur Kennzeichnung von Kulturgütern (vor allem von Gebäuden), Transporten und des mit dem Schutz der Kulturgüter betrauten Personals. Das Blaue Schild ist das Kulturgutschutzzeichen und wird in drei Varianten für 1. 'normales' Kulturgut, 2. Kulturgut unter Sonderschutz und 3. unter verstärktem Schutz verwendet.

Genfer Abkommen

Die Genfer Abkommen enthalten keine ausdrücklichen Regelungen zum Schutz von Kulturgut, denn bei ihrer letzten Revision in 1949 leiteten vor allem die Erfahrungen aus dem Zwei­ten Welt­krieg (1939–1945). Auch dort waren schon bedeutende Kulturgüter direkt oder indirekt Ziel militärischer Handlungen. Bekannt ist zum Beispiel die erhebliche Beschädigung der Abtei Montecassino in Italien bei der Schlacht um Monte Cassino (1944). Im I. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen gibt es einige wenige Regelungen zum Kulturgutschutz: Das Verbot des Missbrauchs des Kulturgutschutzzeichens1.1, den Schutz von Kulturgut und Kultstätten unabhängig von der Haager Konvention1.2 und Sanktion von Verstößen1.3. In reduzierter Form wurde der Schutz des Kulturgutes auch in das II. Zusatzprotokoll für nicht internationale bewaffnete Konflikte aufgenommen.3

Weitere Informationen

Podcast

Notfallverbünde Kulturgutschutz

Enzyklopädie

Einzelnachweise

  1. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (I. Zusatzprotokoll), Genf 1981, Art. 53.
    1. Es ist verboten, […] in einem bewaffneten Konflikt […] [das Schutzzeichen] für Kulturgut […] absichtlich zu missbrauchen. — Art. 38, Abs. 1, S. 2.
    2. Unbeschadet der Bestimmungen des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten und anderer einschlägiger internationaler Übereinkünfte ist es verboten, a) feindselige Handlungen gegen geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten zu begehen, die zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören, b) solche Objekte zur Unterstützung des militärischen Einsatzes zu verwenden oder c) solche Objekte zum Gegenstand von Repressalien zu machen. — Art. 53.
    3. Als schwere Verletzungen dieses Protokolls gelten ausser den in den vorstehenden Absätzen und in den Abkommen bezeichneten schweren Verletzungen folgende Handlungen, wenn sie vorsätzlich und unter Verletzung der Abkommen oder des Protokolls begangen werden: […] weitgehende Zerstörungen verursachende Angriffe, die gegen eindeutig erkannte geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten gerichtet sind, welche zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören und denen auf Grund einer besonderen Vereinbarung, zum Beispiel im Rahmen einer zuständigen internationalen Organisation, besonderer Schutz gewährt wurde. — Art. 85, Abs. 4, lit. d.
  2. Haager Konvention für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, Den Haag 1954, Art. 1.
  3. Unbeschadet der Bestimmungen des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten ist es verboten, feindselige Handlungen gegen geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten zu bege­hen, die zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören, und sie zur Unter­stützung des militärischen Einsatzes zu verwenden.Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (II. Zusatzprotokoll), Genf 1981, Art. 16.